Brandenburg-Lese

Gehe zu Navigation | Seiteninhalt
Brandenburg-Lese
Unser Leseangebot

Christoph Werner

Schloss am Strom
Roman


Schinkel kämpft in seinen Fieberträumen um die Vollendung seines Bildes "Schloss am Strom". Er durchlebt auf seinem Krankenbett noch einmal sein erfülltes und von krankmachendem Pflichtgefühl gezeichnetes Leben und die Tragik des Architekten und Künstlers, der sich zum Diener des Königs machen ließ

Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück

Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück

Ulrike Unger

Durch die Wolken bricht das späte Licht des Herbsttages, als ich das Gelände betrete. Dieses Licht, dass eigentlich zu schön ist für diesen Ort. Grotesk die Schwäne auf dem Wasser des Schwedtsees. Ein unbeteiligtes Liebespaar sitzt an dessen gemauertem Ufer, das direkt an die Gedenkstätte angrenzt. Schwäne und Paar: auch nach Jahrzehnten, auch in der Gegenwart, noch immer widersprüchlich vor der Kulisse der ehemaligen Haftstätte. Die Geschichte dieses Ortes: noch immer schwer fassbar.


 
Am Hang, absichtlich oberhalb des Gebäudes der einstigen Lagerkommandantur erbaut, liegen verfallen und gespenstisch die Offizierswohnhäuser der damaligen SS-Leitung. Einfamilienhäuser mit Fensterläden, Balkon und Treppenaufgang. Die erschreckende Idylle ist bis heute spürbar.

Durch den Eingang, die einstige Schleuse, gelange ich auf den Platz mit den Baracken. Eine weite, fast leere Fläche, über die der Wind zieht. Linkerhand das beklemmende Bild zweier toter Baumstämme. Das gesamte Feld ist mit schwarzer Schlacke aufgefüllt. Laub weht ziellos darüber hinweg. In der Ferne drücken sich niedrige Barackenreihen an Mauerreste. Dort, wo damals in drangvoller Enge Baude an Baude stand, sind zu deren ursprünglicher Standort-Markierung Vertiefungen in den Boden eingelassen.

Ab November 1938 errichteten Nationalsozialisten unweit des Havelstädtchens Fürstenberg das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück. Ihm angegliedert wurde bald das „Jugenschutzlager Uckermark" für Mädchen und junge Frauen. Neben dem Auschwitz-Außenlager Birkenau auf polnischem Gebiet, war Ravensbrück das einzige große KZ, das für Frauen bestimmt war. Menschen aus über 40 Nationen, ca. 132 000 Frauen, eine kleinere Anzahl Männer (20 000) und etwa 1000 weibliche Kinder und Jugendliche wurden von Frühjahr 1939 bis Ende April 1945 hier gefangen gehalten, schikaniert, gefoltert, ermordet. Nahe beim Barackenkomplex mussten die Inhaftierten in einem Industriehof arbeiten, wo sie Uniformen und Häftlingskleidung zu schneidern hatten. Ab Spätsommer 1942 kam die Zwangsarbeit in den Werkhallen der Firma Siemens & Halske hinzu, die neben dem KZ errichtet worden waren. Unter dem Code „14f13" hat man auch in Ravensbrück kranke und arbeitsunfähige Häftlinge selektiert und in die NS-Tötungsanstalt Bernburg geschickt. Im sogenannten „Erschießungsgang" fanden wahllos Hinrichtungen statt.

All die widerlichen Details, die großen und kleinen Grausamkeiten, die Menschen an Menschen begingen, die man erfährt, wenn man tiefer in die Historie dieser Lagerstätte eintaucht, sind bitter. Homo homini lupus. Liest man die Berichte Überlebender, scheinen da und dort trotz allem Szenen tiefster Menschlichkeit und Solidarität auf. Da ist von Frauen die Rede, die sich unter Einsatz des eigenen Lebens für Kinder und Schwache einsetzten. Von Menschen, die sich zu Gruppen zusammenfanden, um sich gegenseitig zu unterstützen. Mit Essen, mit Zuspruch, durch Kontakte zu Verwaltern oder Aufseherinnen. Heimlich hielt man Schulstunden ab, erzählte sich Gedichte, veranstaltete imaginäre Kochabende. Auch dies eine Seite des Lagers.

 
Kurz bevor am 30. April 1945 sowjetische Truppen die Befreiung Ravensbrücks einleiten, werden noch Unzählige Insassinnen auf Todesmärsche Richtung Wesenberg geschickt. Mit Ausnahme des Gedenkareals am See, nutzten nach dem Krieg die Sowjets das umfunktionierte KZ bis 1994. Seit 1993 gehört Ravensbrück zur Stiftung „Brandenburgische Gedenkstätten".

Am Ende meines Rundgangs beobachte ich eine Schülergruppe, die sich am Fuße des Sees zu einer Schweigeminute versammelt hat. Die Bronzeskulptur, die von Will Lammert geschaffene „Tragende", blickt als zentrales Mahnmal über das Wasser auf Fürstenberg. Vielleicht sind die Verbrechen, die an diesem und ähnlichen Orten passierten, dokumentierbar, ihre Dimension wird jedoch nicht einmal im Ansatz je emotional nachvollziehbar sein.

Weitere Beiträge dieser Rubrik

Große Woge
von Heidrun Lange
MEHR
Strittmatters Laden
von Almut Philipp
MEHR

Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück

Str. der Nationen 1
16798 Fürstenberg/Havel

Detailansicht / Route planen

Unsere Website benutzt Cookies. Durch die weitere Nutzung unserer Inhalte stimmen Sie der Verwendung zu. Akzeptieren Weitere Informationen